Biohaus-Stiftung unterstützt ökologisches Bauen in Kolumbien

Bauen mit Holz als ökologischem Baustoff ist ja weltweit seit Jahrtausenden bewährt und rückt im Zuge des Klimawandels auch bei uns langsam wieder mehr in den Blickpunkt. Auch in anderen Teilen der Erde galten Beton und Steine lange Zeit als „moderner“ – aber auch dort erkennen mehr und mehr Menschen den nachhaltigen Wert ökologischer Baustoffe. So plant jetzt eine Bürgerinitiative in der kolumbianischen Großstadt Cali ein Stadtteil- und Kulturzentrum in nachhaltiger Holzbauweise mit der ortsüblichen „Guadua“. Denn was den Westfalen die Eiche als langlebigster Baustoff wert ist, wissen die Kolumbianer am Bambus als nachwachsender Ressource zu schätzen. Nichts anderes ist Guadua, wie Bambus in Kolumbien genannt wird.

Und da trifft es sich gut, daß die Initiative „A la Hora 30“, kurz H30 genannt, schon seit längerem Kontakt zur Biohaus-Stiftung für Umwelt und Gerechtigkeit in Paderborn hat, die ja bekanntlich aus dem ersten Öko-Bau-Kollektiv der Region erwachsen ist. Denn Sarah Sander, Tochter des Stiftungsgründers Willi Ernst, lernte schon vor Jahren bei einer Studienreise der Universität Linz, Österreich, wo sie zu der Zeit Kulturwissenschaften lehrte, die Leute von H30 kennen – und schätzen. Denn das selbstorganisierte Kollektiv H30 realisiert eine beeindruckende Anzahl von sozialen und kulturellen Stadtteil- und Community-Projekten, die alle um die Themen Umwelt und Gerechtigkeit kreisen. Diese reichen von der Rettung von Grünflächen als Gemeinschaftsgärten in den Armen- und Arbeitervierteln Calis bis zur Produktion eines international gezeigten Dokumentarfilms „Bici-bles“ über die Zukunft des Fahrradfahrens als umweltfreundlichem Fortbewegungsmittel in Kolumbien. Auch Vorstand und Beirat der Biohaus-Stiftung waren von den Aktivitäten in Kolumbien beeindruckt und beschlossen neben einer Vertiefung der Kontakte mehrfach schon finanzielle Unterstützung. So fanden die aktuellen Pläne der Kolumbianer offene Ohren, im armen Stadtteil Siloé zusammen mit dem Stadtteil-Komitee „Lomeritos“ ein Kulturhaus (casa cultural) aus Bambus zu errichten.

Lomeritos ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz am Stadtrand von Cali, Kolumbien, in einer informellen Siedlung namens Siloé. Siloé ist eins der ärmsten Viertel der Stadt, das sich nicht nur durch einen niedrigen Lebensstandard und anhaltende soziale Probleme auszeichnet, sondern auch durch einen Mangel an Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für ihre Bewohner. Die Lomeritos sind eine Gruppe von Musikern und Künstlern, die den Kindern und Erwachsenen in Siloé durch Bildung, Kunst und Kultur zu einer besseren Zukunft verhelfen möchten. Sie arbeiten seit mehr als 15 Jahren selbstständig zusammen und wollen jetzt endlich ihren Traum verwirklichen, ein experimentelles Zentrum für Kunst und Kultur zu bauen, das vollständig aus lokalem Bambus gebaut und von der Siloé-Community selbst entworfen wurde.
Unterstützung vor Ort kommt von der Architektin Angela Natalia Dulcey, die Teile ihres Studiums in Deutschland / in Köln verbracht hat. Ihr Büro „Taller 77“ konzentriert sich auf zukunftsweisende soziale (Stadtteil-)Projekte und ökologische Bauweisen mit dem lokalen Rohstoff Guadua. Fast komplett aus diesem soll das neue experimentelle Kunst- und Kultur-Zentrums um die selbstorganisierte Musikschule mit Gruppenräumen entstehen. Im Gebäude geplant sind außerdem noch eine „Kunststraße“, eine kleine Schuhmanufaktur, ein „grünes Theater“ und ein Gemeinschafts-Gemüsegarten davor. Der Bau wird von einer Gruppe von Guadua-Bauhandwerkern rund um Miguel von H30 in Kooperation mit indigenen Gruppen und den Bürgern von Siloé in sogenannten „Mingas“ ausgeführt, um ein ökologisch, wirtschaftlich und sozial tragfähiges Projekt zu gewährleisten. Mingas sind Gemeinschafts(bau)aktionen und haben eine lange Tradition des gemeinsam Machens und Tuns in Kolumbien, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, die eine gute Verankerung von Veränderungen in der Gemeinde gewährleisten. Erfahrung damit haben die kolumbianischen Partner zuhauf, und der Vorschlag der Biohaus-Stiftung, das neue Gebäude zukünftig mit auf den Gemüsebeeten gewonnenen Solarstrom zu versorgen, stieß auf helle Begeisterung.

So könnte die Biohaus-Stiftung auch thematisch eine Brücke schlagen vom Paderborner Land, wo sie zusammen mit der Bürgerinitiative auf dem ehemaligen Munitionsdepot bei Tudorf eine Agri-PV-Anlage errichten will, zum fernen Kolumbien.  Denn so wie der Klimawandel keinen Halt macht vor Grenzen und Kontinenten, so ist der Kampf gegen ihn sicher in internationaler Koordination am wirkungsvollsten.